9th Stage, 25. Juni: Lapland – Kandalakshsky District, 485 km
10th Stage, 26. Juni: Kandalakshsky – Petrosawodsk Area, 1098 km
11th Stage, 27. Juni: Petrosawodsk Area – St. Petersburg, „autofrei“
Der neunte Tag startet auf dem Kirkenes Camping an der E6. Das ist nur wenige Kilometer von der Grenze zur Russischen Föderation entfernt. Es gibt unter den Rallyeteams unklare Informationen, was man letztendlich an Esswaren oder an angebrochenen Lebensmittelpackungen in das größte Land der Erde einführen darf. Auch das Personal an der norwegischen Grenzstation Storskog kann – oder darf – uns hier keine verläßliche Auskunft geben. Um unnötige Diskussionen zu vermeiden oder eine Rückfahrt nach Norwegen nicht zu provozieren, entledigen wir uns sämtlicher geöffneter Lebensmittelpackungen. Auch das Frühstücksmüsli und die guten Hanfnüsse gehen in den Müll… Der Biervorrat in den Dachboxen wird sorgfältig durchgezählt.
Die Abfertigung auf der russischen Seite ist zunächst etwas unübersichtlich, verläuft aber eigentlich unproblematisch. Korrekt und höflich arbeiten die russischen Zoll- und Grenzbeamten. Wir bekommen die persönlichen Migrationskarten, die ab sofort im Reisepass mitzuführen sind. Für die Fahrzeuge werden Zollerklärungen ausgefüllt, die gewährleisten, dass jeder nach Russland eingeführte PKW auch wieder ausgeführt wird. Die Fahrzeuge werden einer Sichtkontrolle unterzogen. Wir müssen den Kofferraum fast vollständig ausräumen und der Beamte kann es kaum glauben: Spare Parts, Spare Parts, Spare Parts… Nach der Sichtung der Dachboxen und des Gepäcks im Innenraum hat er offenbar irgendwann genug und wir sind nach insgesamt zwei Stunden schließlich durch.
Träumen wir? Nein! Wir sind also tatsächlich in Russland. Mit unserem Altblech. In drei Stunden werden wir Murmansk erreichen. Bei Rosneft bekommt die grüne Biene erst mal was zu trinken und wir wundern uns, dass es im Shop die quadratisch-praktische Schokolade aus dem schwäbischen Waldenbuch in ziemlich allen Sorten gibt. Schneereste, militärische Bauten und Monumente säumen den Weg. Die Besichtigung des Hafens in Murmansk steht auf der To-Do-Liste des Roadbooks. Dieser war bis 1991 militärisches Sperrgebiet. Vor der Lenin, dem – mit drei Kernreaktoren ausgerüsteten – ersten Atomeisbrecher der Welt machen wir ein obligatorisches Erinnerungsfoto. Und aus der Kola-Bucht schauen wir hinauf auf den Hang und eine endlos graue Wand aus Plattenbauten.
Von jetzt an geht es Richtung Süden. Unser nächstes großes Ziel ist die Oblast Leningrad, das 1350 km entfernte St. Petersburg. Die Tagesetappe endet in einem Motel irgendwo bei Kandalaksha mitten im Wald. Da gibt es jede Menge aggressive Mücken und einen Skilift. Und sonst nichts.
Der Folgetag beginnt in strömendem Regen mit überfluteten Strassen und mit Frischkäse gefüllten Eierkuchen von der Tankstelle. Unsere Rallyegruppe entschliesst sich im Laufe des Tages, nach St. Petersburg durchzufahren und sich somit einen autofreien Tag in der zweitgrößten Stadt Russlands zu gönnen. Fahren, tanken, fahren, tanken,….
Sieht man von Bahnübergängen mit unkalkulierbar hoch herausragenden Schienen ab, ist die Beschaffenheit der Strassen in Russland übrigens unerwartet gut. Die russischen Autofahrer haben grundsätzlich ein robustes Verhältnis zu Verkehrsregeln und den Rechten anderer, aber eine besondere Aufmerksamkeit ist doch stets geboten. Überholen wird denn auch immer wieder gerne zu einem unerforschlichen Akt. Auf die Frage, warum man nicht auf einer geraden, langen Strecke ohne Gegenverkehr an einem gemächlich knatternden Wartburg vorbeizieht, sondern genau dann, wenn die entgegenkommenden Autos schon greifbar nahe sind, haben wir während unserer Reise allerdings keine Antwort gefunden…
Nach 1098 Kilometer kommen wir gegen 23 Uhr in St. Petersburg an. Der Wartburg darf nun – auf dem Parkplatz des Petro Sport Hotels an der östlichen Peripherie der Metropole – einen Tag Pause machen, während die Piloten die Stadt erkunden.
Die gesamte Fotostrecke gibt es bei formfreu.de. Alle Fotoreihen zur Nachlese findet ihr gebündelt hier .